Am 06. März 2025 war der FrauenRat NRW e.V. Gast im Landtag NRW. Im Rahmen des Landtag-Events zum Internationalen Frauentag stellte die Posterausstellung seines Projektes FrauenOrte NRW einen der Höhepunkte der Veranstaltung dar.
Dr. Uta C. Schmidt, Mitglied im Fachbeirat des Projekts FrauenOrte NRW, hielt einen Impulsvortrag zur Bedeutung von feministischer Geschichtsschreibung und -forschung. Hier können Sie ihre Rede in Teilen nachlesen.
„Die FrauenOrte zeigen politisch handelnde Frauen und ihr Wirken an unterschiedlichen gesellschaftlichen Orten. Was können uns diese Persönlichkeiten mit ihren zeitlich geprägten Lebensläufen und Überzeugungen heute noch sagen? Das sind Fragen, die durch die FrauenOrte quer durchs Land aufgeworfen werden.
Frauenbewusstsein – oder feministisches Bewusstsein – braucht auch ein Geschichtsbewusstsein. Das ist nichts Rückwärtsgewandtes, sondern stellt Zusammenhänge her zwischen Gegenwartsfragen, Vergangenheitsbezügen und Zukunftsvorstellungen.
Doch gilt es, die mit der Initiierung von FrauenOrten geschaffene Öffentlichkeit weiter zu tragen. (…) Nicht nur die Mitglieder der Frauenverbände und des Frauenrats sollten die Frauenorte nutzen, eine Öffentlichkeit für Gleichstellungs- und Frauenpolitik herzustellen und sich immer wieder selbstbewusst zu positionieren.
Geschlechterordnung ist zentral für die Gesellschaftsordnung. (…) FrauenOrte [können] Geschichtsbewusstsein stärken. Wird uns doch in der Befassung mit den Biografien deutlich, dass es zu allen Zeiten Frauen gegeben hat, die in einer männlich verfassten Gesellschaft für sich Menschenrechte einforderten, die gesellschaftlich zugeschriebene Frauenrollen und Frauenorte hinter sich ließen und für Demokratie als Geschlechterdemokratie kämpften.
Foto: (c) FrauenRat NRW
Das Wissen um ihre Arbeit, ihre Erfolge, auch um ihre Enttäuschungen und ihr Scheitern – schärft den Möglichkeitssinn, dass Dinge nicht so sein müssen, wie sie gerade laufen. Das macht die Inspiration und das Empowerment aus Geschichte für die Gestaltung von Zukunft aus.
Mehr als die Hälfte der FrauenOrte gehen auf Einreichungen von Gleichstellungsbüros zurück. Das ist wissensgeschichtlich interessant: Entscheidende Impulse zur geschlechtersensiblen Erweiterung der Lokalgeschichte kamen seit den 1980er Jahren aus so genannten Frauengeschichtskreisen. Viele ihrer Projekte wurden von den ab 1984 in NRW institutionalisierten Frauenbüros und Gleichstellungsstellen gefördert.
Einige der so aus Empörung und Geschichtsinteresse gestarteten Initiativen fanden nun prominent Eingang in die FrauenOrte. (…) Es zeigt sich daran, wie sich kulturelles Gedächtnis langsam verändert. Die FrauenOrte sind ein weiterer, wichtiger Schritt in diese Richtung.
Zur geringeren Beteiligung von Initiativen aus dem ländlichen Raum würde ich hier eine These formulieren wollen: In ländlichen Kreisen befindet sich die Geschichts- und Brauchtumspflege zumeist in den noch immer vorwiegend durch Männer bestimmten Heimatvereinen, anders als in den Großstädten am Rhein und an der Ruhr. (…) Dass jedoch auch in den Heimatvereinen etwas in Bewegung gerät, zeigt der Heimatverein Riesenbeck [FrauenOrt Rosa Verlage].
Mit den FrauenOrten haben wir den öffentlichen Raum quer durch unser Bundesland markiert (…). Nutzen wir sie nun als Anlässe für Austausch und Kommunikation, für die Entwicklung von Geschichtsbewusstsein als Grundlage für zukünftige Frauen- und Gleichstellungspolitik.
[Ich] hoffe vor allem, dass die bestehenden Orte Magnete innerhalb einer lebendigen Erinnerungskultur werden und bleiben. Dass sie weiterbespielt, gepflegt und umhegt werden.“